Die Grünen, der Blinddarm der türkisen Gruppe?

Feststellung 1

Im Lexikon wird unter dem Begriff „Blinddarm“ der Anfangsteil des Dickdarmes, der über die Eintrittsstelle des Dünndarms blind hinausreicht, definiert. Laut ärztlicher Statistik kann der Mensch problemlos ohne Blinddarm leben. Spontan und unplanbar kann er jedoch Probleme auslösen, die bei verspätetem chirurgischem Eingriff u.U. sogar zum Tode führen.

Feststellung 2

Die sogenannte Zeichensprache (Grafiken) gehören zu den ältesten genutzten „Informationstechnologien“ des Homo Sapiens. Diese wurden in unterschiedlichster Ausprägung – lange vor der Entwicklung der Weitergabe von Information in Schriftform – genutzt. Dies hat sich bis heute nicht wirklich geändert: Cartoons und Grafiken haben oft eine informative Aussagekraft die die schriftliche Information weit übertrifft (siehe dazu das gegenständliche Beispiel).

Allerdings ist, wie alle Medien und insbesondere die sozialen Medien aufzeigen, mit dieser Art der Information sehr oft auch eine bewusste Meinungsmanipulation verbunden. Also: Vorsicht bei der Interpretation solcher Botschaften!

Feststellung 3

Der Autor stellt der guten Ordnung halber fest, dass er etwa seit Beginn der achtziger Jahre intensive Diskussionsaktivitäten und Arbeitsthemen mit vielen grünen Gruppierungen behandelt hat, beginnend mit den Themen alternativer Energiequellen, die Möglichkeiten der Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft, sinnvolle Recyclingverfahren u.v.m., in letzter Zeit auch im Themenbereich Zukunft der Arbeitswelt.

Shorty: Die Funktion des grünen Koalitionspartners in der Koalition

Shorties sind persönliche Stellungnahmen von Helmut Detter basierend auf allgemein zugänglichen Medieninformationen. Sie basieren auf der jahrzehntelangen Nähe des Autors zum politischen Umfeld. Selbstverständlich handelt es sich um eine persönliche Interpretation, so dass natürlich generell die Unschuldsvermutung gilt.

Wiewohl der seinerzeitige Koalitionspartner von Bundeskanzler Kurz, die FPÖ, viele Teile der neoliberalen türkisen Politik mitgetragen und sogar umgesetzt hat, war die Dummheit von vielen FPÖ-Funktionären vor allem im medialen Echo für die Türkisen kaum mehr erträglich. Als einzige mögliche Alternative verblieb somit nur, eine Koalition einzugehen. Die Grünen, die sich bemerkenswert aus dem seinerzeitigen Hinauswurf aus dem Parlament zurückgemeldet hatten, waren natürlich sofort bereit, eine solche Koalition einzugehen. Offensichtlich getragen von der staatspolitischen Verantwortung, eine mit rechtsnationalem, nationalistischem Gedankengut befrachtete Regierung (etwas sanfter ausgedrückt, eine neoliberale Regierung) mit entsprechenden korrektiven Strategien abzulösen. Viele Österreicher konnten dieser Kombination einen gewissen Charme nicht absprechen, wiewohl es in der alten Volkspartei nach wie vor hohe Widerstände gegen die Integration von Grünen in einer Bundesregierung gab.

Prinzipiell hat hier Bundeskanzler Kurz europaweit politisches Neuland betreten, für das er nicht nur nationales, sondern auch internationales Interesse in hohem Umfang auslöste. Wurden die Ideologien und Positionen dieser beiden Regierungspartner vor Regierungsantritt beurteilt, so konnte mit Recht erwartet werden, dass hier von beiden Partnern ideologische parteipolitische Grundinteressen aufgegeben werden mussten, verbunden mit der Gefahr, Wähler zu verlieren.

Die offene Frage verblieb somit: wer verliert im Laufe des Regierens mehr politisches Terrain und damit Wählerpotenzial. Sie scheint bis heute – insbesondere durch die hereingebrochene Corona-Pandemie und dessen Management – nicht eindeutig beantwortbar. Bezogen auf die diversen Wählerbefragungen, wie immer man zu dieser Art der Politikbefragung steht, hat sich jedenfalls bisher ein Nutzen dieser Koalition für die türkise Gruppe nachweisen können.

In einer extrem cleveren Regierungsverhandlung hat  sich Bundeskanzler Kurz die Schlüsselministerien wie das Innen-, Außen-, Finanz- und Landes-Verteidigungsministerium gesichert und mit treu verbundenen, ideologisch abgestimmten Personen besetzt. In Verbindung mit dem grenzgenialen Konzept „message control“ verfügt er auch über die entsprechenden Informationsvorteile gegenüber seinem Koalitionspartner. Vage und unkonkret hingegen sind die Aussagen des Regierungsvertrages insbesondere in den für die Grünen wichtigen Themenfeldern Umwelt und Ökologie geblieben. Diese Themenfelder noch dazu als koalitionsfreien Raum zu definieren, ist taktisch optimal, da die Wahrscheinlichkeit einer geeinten Opposition als möglicher parlamentarischer Partner der Grünen als unwahrscheinlich zu bezeichnen ist.

Dies dürfte insbesondere schlagend werden, wenn es nunmehr um die Strategie geht, was die beiden Parteien unter dem Begriff „die neue Normalisierung“ verstehen wenn es darum geht, teilweise völlig zerstörte Wirtschaftsstrukturen, verursacht durch die Länge einer brachialen Quarantäne, wieder aufzubauen. Die nunmehr weltweit anfallenden Zahlen über die Toten dieser Pandemie werden einen Beitrag dazu liefern, in welchem Umfang und in welcher Zeitdauer die Quarantäne hier eine alternativlose Strategie zur Eindämmung dieser Pandemie tatsächlich war.

Für Bundeskanzler Kurz hat sich der Wechsel zu einem neuen Koalitionspartner in ganz erstaunlicher Weise und teilweise nicht in dieser Dimension erwartet, gelohnt. Mit Hilfe der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Quarantänemaßnahmen, steht er knapp vor der absoluten Mehrheit und natürlich unangefochten einsam an der Spitze, was seine Funktion als Bundeskanzler betrifft. Leider ist sein Versuch, eine diesbezügliche „Testwahlkampfreise“ mit Start  im Kleinen Walsertal, auf peinlichste Weise missglückt: Der beruhigende Auftritt praktisch aller ÖVP-Landeshauptleute zeigte die Dimension dieses Flops.

Wer in etwa die Strategie des Bundeskanzlers und seines engen Beraterteams erfassen kann (ein extrem schwieriger Prozess), muss allerdings erwarten, dass das Thema Neuwahlen ein weiteres strategisches Zielelement der türkisen Mannschaft bleiben wird. Allein schon deswegen, weil er hier allen europäischen konservativen Parteien zeigen kann, dass es prinzipiell möglich ist, absolute Mehrheiten zu generieren; ein wesentlich wichtiger Schritt auf der EU-Ebene aufzuzeigen, wer für wichtige Positionen zukünftig zur Verfügung stehen könnte.

Es ist wirklich nahezu schon bedauernswert, welche Statistenrolle hier der grüne Regierungspartner eingenommen hat. Aus der Hoffnungspartei von durchaus vielen Österreichern ist unvermutet eine Sesselkleber-Partei geworden, die längst ihre von der Geschichte zugeordnete Aufgabe offenbar vergessen hat. Ein schönes Ministerbüro, ein Dienstwagen, die permanente mediale Aufmerksamkeit ist doch etwas anderes als aus der Opposition heraus ohne jede Verantwortung zu agieren. In den politischen Themen der türkisen Gruppe zugeordneten Ministerien agiert Bundeskanzler Kurz autonom und souverän, was zwei Vermutungen zulässt, die Grünen haben ihre Geisteshaltung geändert, oder sie werden gnadenlos überrollt.

Beide Regierungspartner sollten allerdings aufpassen, dass nicht eine zunehmend kritische Wählergruppe die Grünen wieder aus dem Parlament hinauskatapultiert. Bundeskanzler Kurz ginge aus heutiger Sicht hier ein wirklich angenehmer Regierungspartner verloren.

Bundesminister Anschober, der eigentlich thematisch zuständige Gesundheitsminister zum Thema Pandemie, das muss gesagt werden, hat seine Arbeit gut gemacht und wurde daher relativ rasch nach dem System „message control“ durch permanente Anwesenheit bei fast allen thematischen Pressekonferenzen von Kurz und Nehammer entsprechend eingebettet und somit in seine Grenzen verwiesen. Die Rolle des Vizekanzlers Kogler war eine eher bescheidene, er durfte ergänzend und nicht immer mit cleverer Wortwahl, die ersten Aussagen des Bundeskanzlers co-kommentieren.

Interessant und typisch für das Mitmischen der Grünen in der türkisen Politik ist in diesem Zusammenhang auch die politische Reaktion der Grünen zum Vorstoß von Bundeskanzler Kurz (gemeinsam mit Schweden, Niederlanden, Dänemark, allesamt kleine und exportorientierte Länder, insgesamt auch Gewinner der EU, allerdings auch Nettozahler) gegen die EU-Förderstrategie Merkel/Macron.

Der Europasprecher der Grünen, Michael Raimon, sieht diese“Kurz-Initiative“ eher gelassen … irgend einen Kompromiss wird es schon geben …

Es darf mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass Herr Raimon den Gegenvorschlag von Bundeskanzler Kurz nicht zu Gesicht bekommen hat. Bezogen auf die EU-Politik der Grünen lässt dies den Schluss zu, dass die EU-Politik von Bundeskanzler Kurz keine Bedeutung für die Grünen hat bzw. dass in ihrem Beratungsteam Experten fehlen, die entsprechende thematische Erfahrung in dieses Themenfeld einbringen können.

Eine intensive Medienbeobachtung zu diesem Thema stößt auf viele Ungereimtheiten, insbesondere was die Rolle des Vizekanzlers Kogler betrifft. In einem diesbezüglichen Artikel im Trend wurden ihm hohe Aktivitäten im Hintergrund zugesprochen, verbunden mit dem Hinweis, dass ohne diese Tätigkeit die neoliberale Politik von Bundeskanzler Kurz noch viel dramatischer ausgefallen wäre. Eine weitgehende Beweisführung dieser Feststellung, die somit eine Behauptung ist, wird jedoch nicht gegeben. Auch in den österreichischen Medien hat sich offenbar bereits das System „message control“ durchgesetzt.

Unter Beachtung des im Vorwort Gesagten sollte das gezeigte, aus WhatsApp-Netzwerken entnommene Bild zum Thema betrachtet werden.

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  1. Gottfried sagt:

    2,6 mal mehr Stimmen machen scheinbar doch vieles möglich!
    Auf alle Fälle ermöglichte das Wahlergebnis, dass der „kleine Koalitionspartner“ nehmen musste, was der „große“ im zugeschoben. Und das sind genau die Ministerien, mit denen man auf Grund selbst richtig getroffener Entscheidungen bei der nächsten Wahl „erfolgreich scheitern“ kann.
    Der Wähler beurteilt nämlich nicht primär „Richtig oder Falsch“, sondern wie weit es ihn betrifft. Das reicht dann von freie Fahrt für freie Bürger über billige Energie für alles und jeden, bis zu Umweltschutz stört meinen Komfort….denn für die Mehrheit der Bürger hört vieles auf, wenn er es in der eigenen Geldtasche spürt.